Im Podcast Der Weisheit erzählt Malik von einem 40-jährigen Russen, der einen Einberufungsbescheid und die Chance zur Flucht aus Russland erhält, diese aber nicht wahrnimmt. Mit Rückblick auf die Europawahl frage ich mich, wann es für mich genug wäre.
Als ich die ersten Ergebnisse zu Gesicht bekommen habe, war meine Reaktion:
„Na dann mach ich mich mal bereit für den Untergrund.“
Was natürlich Quatsch ist. Ich bin viel zu friedfertig und bequem, um ein Leben als Terrorist zu führen. Und das ist vermutlich ein Teil des Problems. Die Menschen sind bequem und auch feige.
Auch wenn 16 % der Deutschen für eine AfD gevotet haben, haben immer noch 84 % dagegen gestimmt. Sollte das Ergebnis auf Bundesebene ähnlich ausfallen und die CDU gemeinsam mit der AfD regieren, was dann?
Ja, im Frühjahr haben viele von uns auf der Straße gegen Rechts demonstriert. Aber dieser Aktivismus ist (auch bei mir) schnell wieder eingeschlafen. Würde man im Falle einer AfD-Regierung den Aktivismus aufrechterhalten können?
Aber kommen wir zu mir. Ich hab in den letzten Jahren sehr viele Bewerbungen geschrieben. Am Ende hab ich aber nie den Job gewechselt. Entweder, weil man mich nicht wollte oder weil mir das Risiko zu groß war. Ich soll also freiwillig alles aufgeben, was ich habe und gehen? Besitz, Sicherheit und Familie?
Unwahrscheinlich. Wahrscheinlicher ist, dass ich mich so lange wie irgendwie möglich mit dem Regime arrangiere. Vermutlich werden die direkten Einschränkungen und Repressionen für mich gar nicht so groß sein. Es wird in kleinen Schritten immer „schlimmer“ werden. Jeder einzelne Schritt wird nicht schmerzen. Es wird noch gehen. Hey .. und früher war ja auch nicht alles gut. Die allgemeine Meinung wird in eine Richtung driften. Ich werde immer noch weiter links sein als viele andere. Aber wenn die Mitte rechts ist, wie links ist man dann noch als Linker?
Vielleicht wird meine Revolution darin bestehen, anderen zu helfen, das Land zu verlassen. Vielleicht werde ich meinen Junior ermutigen, woanders ein neues Leben zu beginnen. Aber bis ich selber eine solche Entscheidung treffe, wird es vermutlich zu spät sein. Und die Geschichte wird mich als Nazi beschimpfen. Weil ich ja nicht öffentlich dagegen war.
Vielleicht wird es aber ja auch ganz anders sein. Vielleicht wird meine Wut so groß sein, dass ich aktiv gegen eine Rechte-Regierung vorgehen. Das mir jeder kleine Schritt zu viel ist. Vielleicht gehe ich dann doch in den Untergrund. Wenn ich eh nichts mehr zu verlieren habe?
Ach wer weiß das schon….
4 Antworten zu „Wann würde ich gehen?“
Hej Alex!
Du musst ja nicht gleich in den Untergrund gehen. Zwischen nichts tun und auswandern liegen diverse andere Möglichkeiten! Geh in die Politik und mach es anders/besser! Aber dafür muss man auch seine Komfortzone verlassen 😉
Wohin sollte dein Junior denn auswandern? Ganz Europa wird vom braunen Schleier überzogen. Guck mal über die Grenzen! Und zu den verrückten Amis sollte er auch nicht, oder?
Vielleicht will dein Junior selber irgendwann in die Politik gehen und uns alle in eine fröhlich bunte Zukunft führen?
Leider haben wir (also der Ehemann und ich) bei unseren Nachkömmlingen versäumt, dieses Politik-Gen zu vererben, weil wir es selber nicht haben/leben.
Gruß Angela
Das Thema „Wohin“ hab ich tatsächlich gar nicht beleuchtet bei der ganzen Geschichte. Aber ja, auch darüber müsste man sprechen. Und, du wirst lachen, tatsächlich denke ich immer öfter man müsste mal aktiv in die Politik gehen und Dinge besser machen. Am besten eine etablierte Partei übernehmen und einmal alles auf den Kopf stellen. Das wär was.
Aber das war ja gar nicht das Thema des Artikels.
Naja, das war ziemlich genau was Macron in Frankreich gemacht hat…einmal alles auf den Kopf stellen. Nutzt aber nix, wenn wir uns die aktuelle Lage in Frankreich anschauen. Es ist zum Verzweifeln.
Ach du kommentierst mein Kommentar. Na ja … wir werden scheitern also fangen wir gar nicht erst an?