Meine Mitstreiter auf den Gymnasien kannten das Konzept Jugendzentrum aus eigener Erfahrung. Ich … nicht. Aber natürlich ist ein Treffpunkt für alle ohne Aufsicht der Erwachsenen ein Ding, das man sich wünscht. Dafür hatte auch der Staat Verständnis und machte uns ein Angebot. In einem frisch renoviertem Fehnhaus, das der Gemeinde gehörte, gab es einen Sitzungsaal mit Bestuhlung, Küche und WC. Vorne im Gebäude war das Tourismusbüro. Diese Räume könnten wir mitnutzen. Wir bekommen Budget für eine Couchecke, Stereoanlage und Deko. Das ganze müsste aber immer so gestaltet werden, dass der Raum auch für andere Dinge genutzt werden könnte. Und … wir müssen das Ganze in Eigenregie führen.
Uns war offenbar nicht klar, was wir da taten. Aber wir taten es. So ist die Jugend auf dem Land. Anpacken statt nachdenken. Beim örtlichen Elektrofuzzie wurde ein guute Anlage eingekauft. 4 Lautsprecher, die groß genug sind, um den Raum auch bei Partys zu beschallen, einen passenden Verstärker und natürlich einen CD-Player.
Es war allerdings ein Fehler, die Elektronik zuerst gekauft zu haben. Also wir nämlich „einziehen“ wollten, war es schon schwierig sich zu unterhalten, da die Mucke ständig auf volle Lautstärke stand.
Um die weißen Wände schöner zu machen, hatten wir große Spanplatten gekauft, diese wurden farbig lackiert. Jetzt mussten die ins Jugendzentrum transportiert werden. Wir hatten aber kein passendes Gefährt zur Verfügung und tragen wollte wird die aber auch nicht. Wir legten also Decken auf die Dächer unserer Autos und legten die Platten rauf und stiegen ins Auto. Drei Hände, aus dem geöffneten Fenster herausgestreckt, sicherten die Platten. Im Schritttempo ging es dann zum Bestimmungsort.
Wie auch immer .. bald war alles dekoriert und schick und die Eröffnung konnte stattfinden. Ab jetzt wurde das Jugendzentrum jeden Montag ab 17 Uhr und jeden Samstag ab 19 Uhr geöffnet. Es gab kostenlose Snacks und Getränke zum beinahe Selbstkostenpreis. Für die Volljährigen gab es auch Bier und wenn mal ne Party veranstaltet wurde, dann gab es auch harten Alkohol. Auf das Alter der Käufer … da haben wir nicht so genau drauf geachtet.
An Montagen wurde meisten Skat gespielt oder gekickert und viel einfach nur abgehangen. Für ein Jugendzentrum war das ganze eigentlich viel zu steril und sauber und beinahe auch zu edel. Und ich hatte am Anfang wirklich bedenken das überhaupt Leute kommen würden. Aber doch, es wurde angenommen. Neben dem Jugendrat und Freunden des Jugendrates kamen bald auch Jugendliche ab 12 (also weit jüngere) zu uns. Doch doch … wir wurden zu einer festen Einrichtung und sicherlich für einige ein guter Aufenthaltsort.
Irgendwann wurde auch der Nachtbus (die Nachteule) genehmigt und eingeführt. Die Gemeinde achtete darauf, dass der Bus auch an der Haltestelle vor dem Jugendzentrum hielt. So waren die Samstage immer gut besucht. Viele tranken sich bei uns warm und fuhren dann in die Großraumdisko. Das war dann auch die Zeit, an dem die Samstagsdienste zunehmend unbeliebt wurden. Den wer Dienst hatte, konnte nicht mit dem Bus in die Disko fahren. Da überschnitten sich Abfahr und Schließzeiten.
Natürlich hatten wir auch einen Fernseher und DVD-Player. Es gab also Filmabende und zu großen Sportveranstaltungen machten wir das Jugendzentrum natürlich auch auf, alleine schon damit die Clique das Event gemeinsam genießen konnte. Und als die erste Staffel Big Brother ausgestrahlt wurde, waren am Montagabend immer die großen Auszugsshows, welch ein Zufall. An diesen Abenden hatte das JuZ natürlich länger auf.
In der Retro-Perspektive muss man sagen, dass wir das alles ganz gut und professionell gemanagte haben. Vor allem Guido, der Vorsitzende und Jüngste in der Truppe, hat hier hervorragende Arbeit geleistet. Muss man ihm lassen.