50 Blutspenden

Veröffentlicht am:

Themen:

Am 14.9.2023 habe ich Blutspende Nr. 50 abgegeben und bin dafür gefeiert worden – eine kleine Zeitreise und Anekdoten aus 25 Jahren Aderlass.

Wie alles begann

Meine erste Blutspende muss mit 19 gewesen sein. Der Papa meines bestens Freundes war in der Freiwilligen Feuerwehr aktiv und die Mutter auch irgendwie. Und das Blutspenden wurde von der FF in der örtlichen Grundschule ausgerichtet. Er war gerade 18 geworden und es war seine familiäre Pflicht zum Blutspenden zu gehen. Außerdem war Muddi ja nicht zu Hause, also gab es nichts zu essen. Nach dem Blutspenden gibt es aber ja nen Snack. Ich war sofort überzeugt.

An den Stich und das ganze drumherum kann ich mich gar nicht mehr erinnern. Damals war es üblich, dass man nach der Spende für 15 Minuten in einem Ruheraum auf einer Liege verweilen musste. Für den Fall, dass einem Schwindelig würde, wurde man von freiwilligen Helfern in den Ruheraum begleitet. Ich wurde von Estelle Getty begleitet und fragte mich, was diese kleine Frau wohl tun würde, wenn ich über Koppkippe.

Zum Glück ist mir die Spende gut bekommen und viele weitere folgten.

Nicht jeder verträgt das Spenden

Ich war ja damals im Jugendrat tätig und so überredeten wir die Gruppe auch gemeinsam Blutspenden zu gehen. Ein Mädchen aus der Clique wurde schon beim Einstich der Nadel kreideweiß und musste direkt in den Ruheraum. Der Sanitäter sagte: Zu klein, zu dünn und zu wenig Blut im Körper. Besser sein lassen.

Meine Frau hat viele Jahre fleißig mit gespendet und dabei häufig sehr sehr gelitten. Die Adern sind wohl nicht gut zu erreichen und häufig brauchte es mehrere Versuche bis die Spende gelang. In der Folge eine blaue Armbeuge und Schmerzen. Es kommt aber auch immer auf die nadel-setzende Person an. Die einen können es, die anderen eben weniger. Die meisten können es nicht sooo gut wie wenige Andere. Wenn dann schon länger als nötig am Arm herumgetastet wird und beide Beteiligten erkennen: Das wird nichts. Tja, dann wird es nichts. Und so lässt es meine Frau mittlerweile mit dem Blutspenden sein.

Chance für die Digitalisierung / Beispiel für beispiellose Bürokratisierung

So Blutspenden … das ist schon nen Organisatorisches Monster. Es beginnt damit, dass man örtlichen Helfern (also keinen Leuten vom DRK, sondern Freiwilligen) den Personalausweis und den Blutsendeausweis (oder eben die Blutspende-App) vorzeigen muss. Die piepen das ein, und fragen, ob die Anschrift noch stimmt (ist ja nicht so, dass die den Perso vor Augen haben).

Dann bekommt man ein Klemmbrett mit einem Fragebogen in die Hand gedrückt. Früher waren das knapp 1,5 DIN-A-4 Seiten, heute sind es 3 Seiten. Die Fragen sind teils schon sehr persönliche (sexuelle Ausrichtung, wechselnde Geschlechtspartner, Vorerkrankungen und welche Medikamente man einnimmt).

Diesen füllt man nach bestem Wissen und Gewissen aus. Dann geht man zu einem Menschen der Fieber misst und einem in den Finger sticht und einem Tropfen Blut abnimmt. Damit wird der Hämoglobin ermitteln. Wozu auch immer. Ist der schlecht, keine Spende.

Dann geht es zum Mediziner. Der misst Blutdruck und fragt, ob es einem gut geht. Er überfliegt das Papier und fragt ggf nach, wenn irgendwo ein Ja angekreuzt ist oder anders: Wenn etwas von der Norm abweicht.

Der Arzt entscheidet dann, ob man spenden darf oder nicht.

Jetzt geht es in den Spendebereich, man gibt seinen Kram einer Person der anfängt diverse Strichcodes zu scannen und zu piepen und gibt einem einen Zettel, auf dem man ankreuzen muss, ob das Blut genutzt werden darf oder nicht. Hier kann der HIV Positive sein Gesicht vor seinen „Mitmenschen“ wahren. Er kann spenden und direkt das Blut vernichten lassen. Das spart dem DRK wenigstens das Geld für die Untersuchungen.

Jetzt kommt der eigentliche Spendeakt, der nochmal unfassbar viel Müll produziert. Die Fragebögen werden geschreddert, das Blut kommt in den Kühlschrank. Noch was futtern. Fertig.

Ich bin mir mittlerweile gar nicht mehr sicher, welchen Zweck dieser Fragebogen hat. In erster Linie wohl: aussieben. Jede Frage, die mit Ja beantwortet wird, bedeutet potenziell, dass man nicht spenden darf. Einige Fragen führen mit Sicherheit dahin, andere vielleicht.

Da ich die Fragen aber ja nach bestem Wissen und Gewissen ausfülle kann ich da angeben, was ich will. Es gibt also keine Sicherheit das meine Angaben stimmen, darum wird ja sowieso jede Spende anschließend im Labor untersucht. Niemand wird sich darauf verlassen, was man da angibt. Niemand.

Und wenn ich einmal aussortiert wurde, weil ich zu oft Drogen einnehme, tja, dann gehe ich da nicht wieder hin. Soviel Spass macht das ja nun nicht, in der Schlange zu stehen.

Warum muss ich also 4x im Jahr diese monotonen Fragen beantworten, die auch noch immer mehr werden. Warum wird darauf nicht verzichtet. Vielleicht wegen der Beschäftigungstherapie beim Warten? Das kann sein.

Zeit, viel Zeit

Die reine Spende ist ca. in 10 Minuten erledigt. Ich schaffe es in 6 Minuten. Aber das ganze drumherum, das kostet wirklich Zeit. 1,5 Stunden bin ich im Schnitt bei einer solchen Spende beschäftigt. Und da ist noch nicht die Zeit eingerechnet, die man beim anschließenden kostenlosem Essen verbringt.

Früher war das noch länger, da musste man nämlich nach der Spende noch 15 Minuten in einem Liegeraum „ausruhen“. Diese 15 Minuten wurde gestoppt. Ein Feuerwehrmann saß mit einer Uhr und einem Zettel da und sagte einem, wenn man gehen durfte. Und wehe man ging nicht in die Cafeteria, um sich zu stärken, dann gab es gleich einen Anpfiff.

Früher musste man sowieso liegen und das Spenden dauerte länger. Heute sitzt man und weil man aufrecht sitzt, fließt das Blut schneller. Während Corona hab ich es auch mal geschafft das ganze Prozedere in 30 Minuten zu erledigen. Das war schon cool.

Und trotzdem bitte spenden, spenden und nochmals spenden

Menschen brauchen Blut, um zu überleben. Bei schweren OPs und nach Unfällen oder chronischen Krankheiten brauchen Menschen das Blut von anderen Menschen. Das ist einfach so. Und diesen Rohstoff Blut gibt es eben nur von uns. Und daher ist es das einfachste Mittel um das Leben andere Menschen zu retten und andere Menschen Glücklich zu machen.

Mit meinen 50 Spenden hab ich ca 150 Menschen geholfen – wenn nicht sogar das Leben gerettet. Vielleicht 50 Kinder, die unser Klima retten werden. 25 Väter, die überlebt haben und sich um Ihre Kinder kümmern können. 50 Mütter und und und … mit jedem geretteten Leben hat man wiederum viele andere Menschen im Umfeld der geretteten Menschen glücklich gemacht. Und das nur, in dem man ein wenig Blut und Zeit gegeben hat.

Das macht viel mehr mit und für einem und der Gesellschaft als Geld und Sachspenden.

Und wenn wir schon dabei sind: Organspende … TOP und gerne auch DKMS … tut was für eure Mitmenschen. Gut fürs Karmakonto. Versprochen.