In seiner 12ten Ausgabe von Was ich nicht mehr hören kann, echauffiert sich der Maschinist darüber, dass Konzerne versuchen den Kundenservice nicht zu erfüllen. Alle Mechaniken wie Telefonmenüs und Kontaktformulare haben, seiner Ansicht nach, nur den Zweck den Kunden davon abzuhalten, seine Beschwerde loszuwerden.
Und das muss ich entschieden zurückweisen. Ein bisschen komplexer ist das ganze ja schon. Ich versuch mal das aufzudröseln….
IVR / Sprachgesteuertes Menü
Es gab eine Zeit, da gab es drei verschiedene Nummern, unter der man meine Leistungen in Anspruch nehmen konnte.
- Eine teure 0190er Nummer für den erweiterten Support der Sicherheitssoftware, die wir im Abomodell vertrieben haben
- Eine 0180 5 20 50 33 (glaub ich) Nummer für den Hosting-Support
- Eine 0180 5 345 345 Nummer für den normalen Internet-Support (Einwahldaten, E-Mail-Support, T-Online Software 5, ein oder zwei Speedport Router, Installation und Aktivierung der Sicherheitssoftware uvm.)
Die Aufzählung der Nummer stellt auch die Reihenfolge dar, in der die Calls priorisiert wurden (also bei mir, bei anderen Kollegen war das sicherlich anders). Klar, der teure Mitarbeiter soll ja möglichst wenig herumlungern.
Wobei die Beskillung mit der 0190er-Nummer immer ein Garant für ruhige Tage war – die Kunden durften nur wenige Sekunden warten, daher wurde immer mehrere Mitarbeiter bereitgehalten, also mehr als Kunde anrufen würden.
Wie auch immer. Bei der allgemeinen Nummer war man häufig damit beschäftigt, den Kunden an die richtige Nummer zu verweisen – wo bei ich nie einen Hostingkunden an die Hosting-Hotline verwiesen habe. „Da haben Sie aber Glück. Sie haben zwar die falsche Nummer gewählt, aber zufällig kenne ich mich aus. Nächstes Mal rufen Sie aber bitte 0180 5 20 … an. Da kommen sie auch schneller durch.“ Aber wenn es ein Leitungsproblem war, musste der Kunde eben bei der Störungshotline anrufen und wenn er Mobilfunkkunde war bei der 2202 und so weiter. Und es ist nun mal so, dass Leute die erstbeste Nummer anrufen, die sie finden. Ich bekomme ja auch heute noch hunderte Mails pro Tag an kundenservice@t-online.de und hotline@t-online.de … obwohl die schon seit 14 Jahren nicht mehr als Support-Adresse geführt werden.
Da selbst ein „hier bist du falsch“-Gespräch immer seine 2-3 Minuten dauert und irgendwie auch niemandem Spaß macht, ergibt es doch voll viel Sinn alle Kunden an einer Stelle abzuholen und per Menü zum richtigen Ansprechpartner zu führen.
Später kam dann noch Messroboter hinzu. Also während der Kunde noch seine Auswahl trifft oder in der Warteschlange ist, wird sein Anschluss geprüft und das Ticket für den Mitarbeiter vorausgefüllt. Auch das spart hinten raus Geld und vor allem Zeit und soll eigentlich für alle eine Erleichterung sein.
Warum das am Ende irgendwie trotzdem für Unzufriedenheit sorgt? Das ist sicher eine Mischung aus vielen Faktoren:
- manche Anliegen sind komplexer als pauschal abfragbar
- manche Anrufer glauben schlauer zu sein und versuchen nicht ehrlich zu antworten, sondern das Menü auszutricksen
- manche Anrufer wissen alles besser und schießen sich ins Knie
- manche Entscheider übertreiben es mit den Abfragen und bauen zu komplexe Menüs
- manche Systeme werden von Leuten konfiguriert, die nicht wissen, was sie tun oder verstehen, die Menschen und die Technik nicht
Aber dennoch ist das telefonische Sprachmenü im Grunde eine gute Idee und der Wunsch dahinter ein Ehrenvoller und nicht Böswillig.
Kontaktformulare
Hier verhält es sich ähnlich wie beim Telefon. Kunden schreiben: Ey … geht nicht. Helf mir. Und das wars. Wenn man jetzt per E-Mail rückfrage hält, beginnt eine ewiges PingPong das Zeitaufwendig und frustrierend ist. Mit einem Kontaktformular kann man relevante und gezielte Informationen einholen. Auch hier kann man vielleicht schon ein Roboter Messungen / Prüfungen.
Auch hier ist der Grundgedanke ein guter – aber meist die Umsetzung schlecht.
Und warum eine Arztpraxis mit 3 Mitarbeitern ein IVR haben muss, das werde ich wohl nie verstehen.
4 Antworten zu „Bitte antworten Sie nicht auf diese E-Mail“
Es geht halt nix über Abfragebäume 😉
Ick hau dir gleich
Ach komm, es ist doch offensichtlich, worum es geht. Personaleinsparung und Profitmaximierung. Nur deshalb bedient man sich immer mehr den „Chatbots“, automatisierten E-Mail-Antworten, FAQ usw. Die paar „echten Menschen“ im Call Center hat man nach Indien oder sonstwo outgesourct, wo dann 20 Mitarbeiter für 30.000 Kunden zuständig sind. Vollkommen logisch, dass man dann versucht, die Kunden dazu zu bringen erst gar nicht irgendwelche Hotlines anzurufen, weil man gar nicht die Kapazitäten hat und bezahlen will.
Das es nervige und anstrengende Kunden gibt, ist klar. Die gibt es überall. Das ist aber ein anderes Thema und hat wohl wenig damit zu tun. Mit einem Wort: Neoliberalismus.
Hey Epikur, mag sein das es solche Dinge gibt. Nicht aber in meinem Umfeld und sicherlich ist es auch nicht die Regel. Aber glaube du einfach weiter daran, dass die Welte so ist, wie du sie haben möchtest. Das passt schon.