Wenn Schulen nach Jahren des Heuchelns das wahre Gesicht zeigen.
Junior geht ja, mit mehr als mäßigem Erfolg, auf eine niedersächsische Oberschule ohne Gymnasialzweig. Bedeutet das die Schüler ab Klasse 7 in G und E Kurse aufgeteilt werden. Mit 2 E Kursen ist man später in der 10ten Klasse zu Realschulprüfung zugelassen. Man kann in den Jahren zwischen den Kursen switchen. In der Theorie klingt das nach einer guten Sache. Bin ich in Mathe schlecht, gehe ich in den G-Kurs und hab es da nicht sooo schwer. So kann ich in den anderen Fächer umso mehr glänzen.
Die Wahrheit ist aber natürlich: Schüler*innen, die bis zur 7. Klasse keine Motivation zum Lernen gefunden haben und vom Schulsystem abgehängt sind, werden mit beginnender Pubertät erst recht nicht zum Streber. Bedeutet: Bis auf wenige, die irgendwo auf der Kippe stehen, ist dort nicht wirklich viel Bewegung.
Könnte man ja auch noch nen Haken dran machen! Leider werden aber alle Schüler*innen so behandelt, als ob diese alles erreichen können. Das Ziel für alle Kids ist der erweiterte Realschulabschluss. Und entsprechend werden die Kids auch gefordert (weniger gefördert).
Der Druck auf die Hauptschüler steigt entsprechend. Damit natürlich auch der Frust und die damit verbundene Bewältigungsmechanismen (Revolte gegen die Schule, Unterrichtsverweigerung, Krankenquote etc. pp.). Auch die Toleranz auf Seiten der Lehrer*innen sinkt spürbar. Die Anzahl an „blauen Briefen“ ist sehr in die Höhe gestiegen.
Das ganze kippt dann mit Beginn der Klasse 9. Währen die „Realschüler*innen“ sich mit Themen wie Abschlussbällen nach der Klasse 10 beschäftigen, bekommen die „Hauptschüler*innen“ Berufsorientierungsunterricht und Prüfungsvorbereitung. Es geht ganz eindeutig auf die Zielgerade zum Hauptschulabschluss und weg von der Schule. Thema ist nur noch Praktikum, Bewerbungen und Berufsschulwahl.
Das ist der Schule nämlich wichtig. Das kommt mir ja im Prinzip entgegen und ist auch das erklärte Ziel für meinen Junior, aber die Art und Weise ist halt schräg.
Auch die Eltern werden auf einen Informationsabend eingeladen. Die Berufsschulen der Umgebung stellen sich vor, die Lehrer*innen machen beinahe nicht mehr unterschwellige Andeutungen, welche Schulform wohl, die richtige für das jeweilige Kind wäre und es wird schon sehr dringlich darauf hingewiesen, dass im Februar die Anmeldephase an diesen Schulen läuft.
Jetzt, wo die Anmeldephase bald zu Ende ist, wird bei den Kids nachgefragt, ob die Eltern schon eine Anmeldung eingereicht hätten. Ist die Antwort nicht eindeutig, bekommen die Eltern direkt eine E-Mail mit „Unterstützungsangeboten“ oder auch einen Anruf: „Ihr Sohn sollte eine Ausbildung machen“.
Zusätzlich werden Nachrichten in den Elternverteilern verschickt, wo noch mal auf das Thema hingewiesen wird. Es macht sich, ganz klar, der Eindruck breit: Diese Kids sollen weg von der Schule. Die Schule hat keine Lust mehr auf diese leistungsschwachen und pubertierenden Bälger. Sollen sich andere damit herumärgern. Nicht mehr auf dieser Oberschule.
Ein bisschen hoffe ich ja, dass die Abschlussprüfung so gut ausfällt, dass man theoretisch noch ein Jahr ranhängen könnte. Und dann möchte mal die Fressen dieser dummen Menschen sehen, wenn ich sag: Mein Sohn bleibt und macht euch das nächste Jahr zur Hölle!