Ein sanfter Start in den Tag

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Die Sonne scheint mir ins Gesicht und das Bett unter mir wackelt ganz leicht. Ich gähne und drehe mich auf den Rücken. Ich bin zugedeckt mit einer riesigen Daunendecke. Schau ich in Richtung meiner Füße, sehe ich nur einen Berg aus Daunen. Keine Wand, keinen Schrank. Gar nichts. Links von mir ist das Fenster und ich sehe, dass die Sonne scheint, der Rasen draußen aber feucht ist.

Es hatte in der Nacht gewittert. Ich wurde aufgeweckt und musste mich anziehen und dann gingen wir durch die Wohnung, um alle elektrischen Geräte aus der Steckdose zu ziehen. Und dann saßen wir einige Zeit im Wohnzimmer mit der Taschenlampe in der Hand und beobachteten die Blitze am Himmel. Ledie* lag angeleint neben uns. Wenn der Blitz einschlagen würde, wären wir bereit**.

Entsprechend müde war ich an diesem Morgen noch. Ich muss so 8 Jahre gewesen sein. Ich war in den Ferien bei meiner Oma, um im örtlichen Schwimmbad einen täglichen Schwimmkurs mitzumachen. Das leichte wackeln im Bett kam vom Frühsport meiner Oma. Sie machte Kerze, fuhr Luftrad und danach noch einige Dehnübungen. Dann ging sie sich waschen, zog sich an und ging mit dem Hund raus. Ich durfte noch liegen bleiben.

Ein wenig später weckte sie mich dann wieder auf. Ich sollte mich jetzt auch anziehen und waschen. Sie machte Frühstück. Zähne putzte ich aber nicht, sonst schmeckt der Tee ja überhaupt nicht. Es war ein wenig Kühl im Haus und ich fragte, ob ich im Schneidersitz auf dem Ostfriesensofa sitzen dürfte. Natürlich… die Füsse sind ja sonst ganz kalt. Der schwarze Tee war bereits gezogen. Oma stellte mir eine Tasse hin und legte einen riesigen Kluntje in die Tasse. Sie goss den Tee auf und anschließend eine gute Portion Sahne. So, wie es sich für Ostfriesen gehörte.

Nach dem Frühstück musste ich dann meine Zähneputzen gehen. Oma hatte immer Dentagard. Ich war eine solch scharfe Zahnpaster nicht gewohnt, liebte aber dieses Gefühl, wenn die Frische in den Mundraum einzog.

An all das musste ich denken als ich neulich meine Frau bat mir Dentagard zu kaufen. Und ich war von dem heutigen Frischeerlebnis sehr enttäuscht. Eine schöne Erinnerung ist es aber dennoch.

*Ich weiß bis heute nicht, ob Ledie eigentlich Lady heißen sollte und meine Oma das nur falsch ausgesprochen hat. Es war auf jeden Fall eine sehr treue Seele von Hund. Als dieser verstarb, schritt die Demenz meiner Oma sehr schnell voran. Und dann war Oma irgendwann nicht mehr Oma, sondern nur noch ein atmender Organismus ohne Verstand und ohne Seele, der darauf wartete, den Dienst einzustellen.

**War das nur eine Macke meiner Oma oder hat man das früher wirklich den Leuten geraten? Klar, ne Überspannung kann ne Menge Schaden anrichten, aber außer meiner Oma kenne ich niemanden der sich so verhalten hätte.